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Betrachtet man die Lebensbedingungen unserer Vorfahren, so ist deutlich erkennbar, dass Stress evolutionsbiologisch eine natürliche Reaktion ist. In einem Schreckmoment, in dem akute Gefahr drohte, schüttete der Körper Cortisol aus und das Adrenalin schoss in die Höhe. Was im menschlichen Körper unter Stress passiert, ist äußerst interessant.

Wurde das Dorf von einem Tiger oder Bären angegriffen, so handelte es sich um eine konkrete Situation, in der von der Geschwindigkeit der Reflexe das Überleben des Einzelnen oder sogar des gesamten Stammes abhing. In dem Augenblick, indem durch den Stress bedingt das Cortisol im Körper ausgeschüttet wird, konzentriert sich der Organismus ausschließlich auf die überlebensnotwendigen Vorgänge. Schmerzen und andere Beschwerden werden unterdrückt. Während man vor einem Tiger wegläuft, würde man deshalb in keinem Augenblick die Rückenschmerzen im fünften Rückenwirbel spüren, die einen schon seit Wochen plagen.

Entscheidend ist jedoch, dass Stress bei unseren Vorfahren niemals ein Dauerzustand war. Lange Phasen der Ruhe und Ausgeglichenheit – der Stabilität – wurden von kurzen Perioden mit Stress unterbrochen.

Ist Stress am Arbeitsplatz ein Gesundheitskiller?

Wie bereits erwähnt, werden in einem Szenario, in welchem es einen deutlichen Stressfaktor gibt, alle sekundären Vorgänge im Körper ausgeschaltet. Das Stresshormon Cortisol hat Einfluss auf den Magen, den Kreislauf, den Blutdruck, den Stoffwechsel, das Immunsystem und das Gehirn. Das erklärt auch, warum Stress, der von vielen als psychischer Druck verstanden wird, körperliche Beschwerden mit sich führt.

Ist der menschliche Körper über einen langen Zeitraum Stress ausgesetzt, so kann es zu ernstzunehmenden, langfristigen Störungen des Blutkreislaufs, des Stoffwechsels und des Immunsystems kommen. Der Cortisolspiegel im Blut schwankt über den Tag hinweg und löst sich mit dem Melatonin ab. Letzteres setzt im Körper das Gefühl von Müdigkeit frei. Ist das Level des Cortisols normal, so kommt es zu einem gesunden Schlafrhythmus. Ist die Person viel Stress ausgesetzt, wird der Schlafrhythmus gestört. Es entstehen Schlafstörungen, die mitunter über einen langen Zeitraum anhalten können. Schlaf ist hingegen ein Medium, durch welches im menschlichen Körper Regenerationsprozesse in Gang gesetzt werden. Wenn der Schlaf gestört wird, dann hat dies negative Auswirkungen auf wichtige Prozesse im Körper.

Aus den genannten Gründen ist es überaus wichtig, über den Stress am Arbeitsplatz nachzudenken. Interessant ist hierbei auch, dass das Stressempfinden etwas sehr Individuelles ist. Während eine Person Musik hören muss, um sich bei der Arbeit richtig konzentrieren zu können, kann eine andere Person ihr Potenzial nur ausschöpfen, wenn keine ablenkenden Geräusche zu hören sind.

Arbeiten im Corona-Stress: Warum wir besonders verletzlich sind

Der Stress am Arbeitsplatz ist ein ernstzunehmendes Thema, welches bis heute häufig zu wenig analysiert wird. Für die Unternehmen ist es überaus wichtig, die Leistung ihrer Angestellten zu steigern. Jeder krankheitsbedingte Fehltag führt zu ökonomischen Einbußen. Interessant ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass ein großer Anteil der Fehltage von Mitarbeitern auf psychische Krankheiten zurückzuführen ist. Burnout, Depressionen und Angststörungen werden durch das Stresslevel der Personen stark beeinflusst. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, die Stressfaktoren am Arbeitsplatz zu analysieren.

Ein wichtiger Faktor, unter dem in den Jahren 2020 und 2021 sehr viele Personen gelitten haben, ist das Coronavirus. Zusätzlich zu dem Stress, der bereits vor dem Virus bestand und auf den hohen Leistungsdruck, das übersteigerte Leistungspensum und die Monotonie bei der Arbeit zurückzuführen ist, kommen durch das Virus neue Stressfaktoren hinzu.

Eine wirtschaftliche Krise ist deutlich zu spüren. Hinzu kommen Unsicherheit und Isoliertheit. Die Arbeit im Homeoffice kann zwar kurzzeitig zu einer Steigerung der Arbeitsleistung führen. Schließlich fallen Fahrtwege weg und die Kommunikation mit den Mitarbeitern beschränkt sich auf das Wesentliche. Aber auf lange Sicht leidet die psychische Gesundheit der Mitarbeiter ungemein. Der fehlende soziale Kontakt kann Depressionen auslösen. Der Austausch und die Teamarbeit brechen vollständig weg. Der Mensch ist für ein Leben in Isolation nicht geschaffen und darüber hinaus hat sich das Arbeitspensum bei sehr vielen Menschen seit Beginn der Pandemie zusätzlich gesteigert.

Wie entsteht Stress am Arbeitsplatz?

Grundsätzlich können die Auslöser für Stress am Arbeitsplatz sehr vielfältig sein. Darüber hinaus muss bedacht werden, dass es unterschiedliche Arten von Stress gibt. Überstunden, ein zu hohes Arbeitspensum oder anhaltender Leistungsdruck führen zu einer Überlastung, die bewusst wahrgenommen wird. Die Lichtverhältnisse oder die Geräuschkulisse am Arbeitsplatz, sowie mangelndes Feedback der Vorgesetzten, werden hingegen nicht unbedingt bewusst als Stressfaktoren wahrgenommen, sind aber gleichermaßen Gründe für möglichen Stress. Interessant ist außerdem, dass das Stressempfinden der Menschen sehr unterschiedlich sein kann. Einige verfügen über ein hohes Maß an Resilienz, während andere zusätzlich zu dem Druck von außen auch mit inneren Vorwürfen zu kämpfen haben und ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden. Die psychischen Veranlagungen eines Menschen wirken sich somit auch auf das Stressempfinden aus.

Die wichtigsten Faktoren für zu hohen Stress am Arbeitsplatz

Es wurde bereits angesprochen, dass Menschen Stress ganz unterschiedlich empfinden. Trotzdem können Faktoren definiert werden, welche das Stresslevel erheblich steigern. Diese lassen sich in vier Ebenen aufteilen.

Je nach Kombination der einzelnen Stressfaktoren, die an einem Arbeitsplatz herrschen, leiden die Mitarbeiter mitunter an Dauerstress.

Die Auswirkungen von Stress am Arbeitsplatz: häufige Krankheiten

In Deutschland werden Berufskrankheiten sehr genau geregelt. Der Begriff kann nur dann verwendet werden, wenn die Krankheit beispielsweise auf den Umgang mit chemischen Substanzen zurückzuführen ist. Bei Krankheiten, die durch anhaltenden Stress verursacht werden, ist hingegen die Rede von arbeitsinduzierten oder arbeitsbedingten Erkrankungen. Die psychischen Auswirkungen lassen sich zeitlich in kurzfristige und langfristige Auswirkungen unterteilen.

Zu den kurzfristigen Reaktionen gehört beispielsweise die Minderung der Konzentration. Langfristig sind hingegen Depressionen, anhaltende Müdigkeit, Suchtprobleme oder Angststörungen. Stress hat allerdings nicht nur negative Auswirkungen auf die Psyche eines Menschen, sondern auch auf seine körperliche Verfassung. Herzbeschwerden und Bluthochdruck, sowie Kreislaufstörungen und Verdauungsstörungen gehören zu den häufigsten Krankheiten, die durch anhaltenden Stress induziert werden.

Stress am Arbeitsplatz: Krankschreibungen sind keine langfristige Lösung

Die Menge der Krankheitsfälle, die auf psychische Erkrankungen zurückzuführen sind, hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die Anzahl der psychischen Erkrankungen ist auf zwei Ursachen zurückzuführen. Zum einen hat sich der Leistungsdruck am Arbeitsplatz deutlich gesteigert. Auch wenn es heute die Möglichkeit gibt, die Arbeitsbedingungen in vielen Branchen zu verbessern, gibt es weiterhin deutliche Stressfaktoren, die nicht unterschätzt werden dürfen. Hinzu kommt allerdings auch, dass psychische Erkrankungen in den letzten Jahren deutlich enttabuisiert wurden. Es fällt den Mitarbeitern somit leichter, beim Arbeitgeber den wahren Grund für ihren Ausfall anzugeben. Vor einigen Jahren war dies noch nicht möglich und die Arbeitnehmer zogen es vor, stattdessen andere Krankheiten wie grippale Infekte oder Migräne vorzuschieben.

84 Prozent der Frauen und 76 Prozent der Männer in Deutschland gaben bei einer Umfrage der SwissLife im Jahr 2020 an, unter Dauerstress zu leiden. Das ist äußerst bedenklich, denn es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem Stresslevel und der Entwicklung psychischer Krankheiten, die im Jahr 2020 in Deutschland die Ursache für 37 Prozent der Fälle von Berufsunfähigkeit waren. Eine Krankschreibung ist langfristig allerdings keine Lösung, denn wenn sich die Einstellung zum Arbeitsplatz nicht ändert und die Bedingungen gleich bleiben, dann kann nicht mit einer Verbesserung des Gesundheitszustands der betroffenen Personen gerechnet werden.

Was kann gegen Stress am Arbeitsplatz unternommen werden?

Die Überlastung am Arbeitsplatz betrifft alle Menschen, denn während Arbeitnehmer erkranken und krankgeschrieben werden, entstehen bei den Arbeitnehmern ökonomische Ausfälle. Aus diesem Grund sind die Vorbeugung und die Behandlung arbeitsinduzierter Krankheiten mittlerweile ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsschutzgesetzes.

Auf unternehmerischer Ebene kann die Überlastung der Arbeitskräfte mit verschiedenen Maßnahmen verhindert werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang beispielsweise, wie die Führungsebene des Unternehmens mit Stress und Druck umgeht. Bestimmte Projekte und Aufträge sind mit einem hohen Arbeitspensum verbunden. Doch mit Hilfe von Auszeiten kann ein Ausgleich geschaffen werden. Die Wertschätzung der Leistung von Mitarbeitern nimmt Druck und senkt den Stress. Darüber hinaus können Führungskräfte deutlich zum Ausdruck bringen, dass ihnen der Aufwand aktueller Projekte bewusst ist. Auf diese Weise wird Stress als Faktor psychischen und physischen Unwohlseins enttabuisiert. Die Angestellten können sich offen austauschen und Änderungen ansprechen, die zu einer Verbesserung der Bedingungen am Arbeitsplatz führen würden.

Diese Tipps helfen Ihnen gegen Stress am Arbeitsplatz

Auch auf persönlicher Ebene gibt es einige Möglichkeiten, Stress effektiv zu senken und dadurch die Lebensqualität deutlich zu steigern. Anhaltender Stress kann nicht nur psychische, sondern auch physische Krankheiten auslösen. Leistungsdruck und Dauerüberlastung können langfristig nicht nur zum Arbeitsausfall, sondern sogar zur Arbeitsunfähigkeit führen. Aus diesem Grund sollte die Entwicklung passender Bewältigungsstrategien ernstgenommen werden.

Eine klare Struktur der Aufgaben und Aufträge am Arbeitsplatz kann den Druck deutlich senken. Schaffen Sie klare Übersichten, auf denen Sie Ihre Termine und Aufgaben strukturieren. Untergeordnete Projekte oder Aufträge sollten Sie auch als solche einordnen.

Eine realistische Zielsetzung ist überaus wichtig. Sonst haben Sie das Gefühl, trotz hoher Arbeitsgeschwindigkeit nie das Arbeitspensum zu erfüllen. Wenn Sie am Ende des Tages stets noch unerledigte Aufgaben auf Ihrer Liste haben, dann ist das nicht nur frustrierend, sondern steigert auch Ihr Stressempfinden.

Ein harmonisches Kollegiat hebt am Arbeitsplatz nicht nur die Stimmung, sondern kann auch die Arbeitsleistung der Mitarbeiter steigern. Teamarbeit und Kommunikation bringen Ergebnisse hervor, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit großer Zufriedenheit erfüllen.

Das Vorhaben der Stresssenkung kann zusätzlichen Stress auslösen, wenn es nicht richtig umgesetzt wird. Es Bedarf einem großen Maß an Ruhe und Disziplin, um die einzelnen Maßnahmen Schritt für Schritt umzusetzen. Für weitere Anregungen und konkrete Tipps empfehlen wir Ihnen, unseren Beitrag „Tipps für eine bessere psychische Gesundheit am Arbeitsplatz“ zu lesen.